Sunday, March 25, 2007

Nachruf auf den Automobilsozialismus

Wenn man in Deutschland aufgewachsen ist, ist man ja quasi Kind einer automobilen Gesellschaft. Als ich vor zwölf Jahren zum ersten Mal nach Schweden kam, war man hier noch neutral, das heißt, nicht in der EU, und es gab nur zwei Sorten Automobile: den Volvo 240 und den Saab 900. Sonst nichts. Man bewegte sich also sozusagen noch im automobilen Präkambrium. Für die Nicht-Auto-Enthusiasten und Frauen unter den Lesern: Der Volvo 240 ist ein Wagen mit einem Design, wie es Dreijährige gerne im Kindergarten zeichnen, also recht klobig, dem Luftwiderstand eines Kleiderschranks, der Motorisierung eines Traktors und dem Komfort eines Beichstuhls auf Rädern. Von eigenen Fahrversuchen eines solchen Gefährtes, falls es jemandem unterkommen sollte, rate ich übrigens dringend ab, es sei denn, Ihr habt noch einen Opa, der einen Panzerführerschein aus dem Zweiten Weltkrieg hat und der Euch eine Einweisung geben kann. Der Saab 900 hatte eine etwas ansprechendere Form, dafür aber die Qualität unterhalb eines Opels, und war mit dem Rostschutz einer handelsüblichen Konservendose versehen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein Modell gesehen zu haben, bei dem nicht der Lack großflächig an den Türkanten abplatzte. Mit diesem Fuhrpark tuckerte der Schwede (und nicht nur der Schwede – auch ein rumänischer Kollege von mir wurde von der Modellpalette angesprochen) also gemütlich mit neunzig über seine Autobahnen, und mit siebzig über die Landsstraßen. Das Reißverschluss-System war ihm nur von seiner Angelweste bekannt, und eher ging ein Kamel durch ein Nadelöhr als dass ein Volvofahrer am Zebrastreifen hielt oder gar rechts vor links beachtete. Heute ist das anders. Über die Autobahnen rast man mit einhundertundzehn (es sind nun sogar einhundertzwanzig im Gespräch!), in Stockholm hat man sich als einziger Stadt des Landes gar einen Stau angeschafft, allerdings nur morgens kurzzeitig und abends, man sieht ab und an ausländische Automodelle, und, wenn man geduldig genug auf der Lauer liegt, kann es passieren, dass einem sogar einmal ein Kleinwagen über den Weg fährt. Und das Beste: letzte Woche hielt sogar einer am Zebrastreifen, ohne dass ich ihn zur Vollbremsung zwingen musste! Die Schweden sind halt doch ein flexibles Völkchen!

Wednesday, March 21, 2007

Shareholder Value

Von der Reise zurück, ging ich heute natürlich erst einmal ins Stammcafé und schlug die Zeitung auf. Gleich auf der zweiten Seite stockte mir der Atem: „Gudrun Schyman kauft Aktien in zehn börsennotierten schwedischen Großkonzernen“. Moment mal! Gudrun Schyman hat Aktien gekauft? Ich lese noch mal. Tatsächlich, die Gudrun ist unter die Kapitalisten gegangen. Pardon, unter die Kapitalistinnen, natürlich. Die weiß als Steinzeitkommunistin doch gar nicht, was eine Aktie ist? Oder will sie es jetzt dem armen Carl Bildt gleichtun, dem sie vor ein paar Wochen noch vorgeworfen hatte, in alle möglichen unethischen Fonds zu investieren? Es geschehen ja noch Zeichen und Wunder. Nur eine Zeile weiter wurde ich aber bereits bitter enttäuscht. Die Gudrun, dieses ausgekochte Luder, sie hat diese Aktien nur gekauft, um auf den Hauptversammlungen als Kleinstanlegerquerulantin aufzulaufen und einmal nachzufragen, so hat sie sich das also gedacht, die liebe Gudrun, warum im Management Board so wenig Frauen säßen, und anschließend zu fordern, dass mehr Frauen in die Konzernspitzen müssten. Jesus, Maria und Josef! Hat die denn jeglichen Realitätssinn versoffen? Wenn ich hier in Schweden ein Mädel kennen lerne, dann ist sie entweder, am wahrscheinlichsten, a) Krankenschwester, oder b) Kindergärtnerin, oder c) Lehrerin. In ganz seltenen Fällen vielleicht noch Drogistin oder, wenn es hoch kommt, arbeitet sie in der Revision. Ja, wo soll den da auch der Managerinnennachwuchs herkommen, wenn in der Schule die Fächer „Maniküre“ und „Floristin“ angeboten werden? Kein Witz, das. So ist das hier. Und dann wundert sich die werte Gudrun, und ein paar verweichlichte Politikergestalten wundern sich natürlich mit ihr, damit sie nicht der Diskriminierung bezichtigt werden, warum es keine Frauen im Management gibt. Ich wundere mich gar nicht. Aber wisst Ihr was? Ich glaube, die Gudrun ist nur dauerfrustriert. Jetzt geht sie halt zu Hauptversammlungen, um sich abzureagieren. Wie auch sonst? Prostitution ist ja verboten…

Tuesday, March 20, 2007

Das Sponsorenfest

Am vergangenen Wochenende lernte ich eine neue Lektion – diesmal: Sport. Genauer gesagt, Amateursport mit Lokalkolorit. Hier werden keine Millionen verdient, nicht einmal in Kronen, das wissen wir alle. Hier gibt es Finanzierungsprobleme und einige wenige Sponsoren. Deshalb läuft man dann als Sportler mit peinlichen Hemdaufdrucken wie „Rör-Hasse Vinslöv AB“ herum. Einmal im Jahr findet dann ein so genanntes „stödfest“ statt, auf Deutsch würde ich das am treffendsten mit „Unterstützungsorgie“ übersetzen. Zu einer solchen war ich also letztes Wochenende eingeladen. In diese Geheimgesellschaft erhält man als Ausländer nur selten Einblick, und so war ich auch der einzige Fremde, der argwöhnisch beäugt wurde. Mit meinem schönen Akzent machte ich gleich eingangs klar, dass ich nicht zur Zollfahndung gehöre und also alle ungestört ihren Schmuggelsprit verzehren könnten. Es begann dann alles ganz harmlos mit einem ausgiebigen Abendessen. Mit gemischter Plazierung, einer schwedischen Unsitte, die mir schon so manches Dinner verleidet, man könnte gar sagen, versaut hat. Paare und Freunde werden dabei erbarmungslos auseinandergerissen und zwischen wildfremde Menschen gesetzt. Im Glückspiel war ich leider noch nie ein Gewinnertyp und so zog ich auch dieses mal wieder die Arschkarte. Ich landete zwar nicht, wie ein Bekannter von mir immer, neben der Fettesten, aber dafür zwischen der Zweitfettesten und Drittfettesten. Meine rechte Nachbarin, die Zweitfetteste, verzichtete gleich von Anfang an konsequent auf kulturelle Accessoires wie etwa Trinkgläser und trank das Bier aus den Dosen, von denen sie gleich drei vor ihrem Teller aufgereiht hatte. Gegenüber war die Dame etwas stilvoller, nicht einmal fett, und sie nutzte immerhin Messer und Gabel. Das Sponsoring durch die Gäste bestand im Übrigen darin, privat importierten Alkohol käuflich zu erwerben – in Schweden eine schwere Straftat! So wird also die Mannschaft der Dreizehnjährigen finanziert, dachte ich. Dazu keine Trink-, sondern Sauflieder aus der untersten Musikalienschublade. Ihr seht, es war ein wirklich gelungener Abend mit Vorbildfunktion. Nun gut, nachdem ich mir einige Slottspilsner und Vodka Jelzin aus dem Dreiliterpappkanister hineingetan hatte - die einzige Möglichkeit, mir den Abend erträglich zu gestalten -, schritt man schließlich zum Tanze. Flugs die Tische und Stühle weggerückt, die Neonröhren ausgeschaltet, und dann legten auch schon Micke & Billy, die heimischen Dansbandsheroen, los. Etwa die Sorte, die immer in Möbelhäusern und auf Betriebsfesten zu spielen pflegt, außer dass Micke einen noch etwas abgehalfterteren Eindruck machte als Rex Gildo nach dem Selbstmord. Schon beim zweiten oder dritten Stück, so genau erinnere ich mich nicht mehr, wurde ich von der vermeintlich biederen Gegenübersitzerin zum Stehblues aufgefordert (im Schwedischen übrigens „tryckare“, Drücker, genannt). Aber bitte denkt jetzt nicht an so ein schwedentypisches Topschnittchen, sondern an Eure osteuropäische Putzfrau. Mein Bein wurde zwischen Schenkel gepresst, Brüste rubbelten über meinen Oberkörper und schlüpfrige Komplimente in mein Ohr. Gnädiger Himmel! Nachdem sie mir noch ausgiebig in den Hintern gekniffen hatte, war das Stück endlich zu Ende und ich ergriff die Flucht, kam aber nur bis in Foyer, wo sich bereits die nächste ausgehungerte Hyäne auf mich stürzte. Nur weil alle schwedischen Männer lieber Angeln gehen, müssen da immer wir herhalten? Womit hat man das verdient! Nachdem ich mich an der Bar remunitioniert hatte, trat ich zusammen mit dem Rest der illustren Gesellschaft zum Sturm auf die Tombola an, für die der ortsansässige Einzelhandel offensichtlich sämtliche Ladenhüter spendiert hatte. Mit meinen geschätzten zwo Promille fand ich die gewonnenen Kopfhörer gar nicht so schlecht, und wenn schon der Sound nicht so doll rüberkommt, so habe ich doch vielleicht Verwendung dafür im nächsten Winter - als Ohrenwärmer.

Thursday, March 15, 2007

Maßstäbe

Wo ich wohne, gibt es ein Schwimmbad. Und wo ich wohne, da gibt es gleich unten am Platz auch meinen Bäcker. Mein Bäcker bekommt öfter einmal Besuch von Amts wegen. Da wird dann die Kühltheke auf Hygiene inspiziert, wird sich über Krümel beklagt, die irgendwo in einer Ritze klemmen, oder die Toilette auf Rollstuhlgängigkeit vermessen – dieses Thema hatten wir schon angesprochen. Kurz und gut, es wird dem lieben guten Bäcker also mit viel behördlichem Aufwand das Leben so schwer wie möglich gemacht. Und im Schwimmbad, das ja von Amts wegen betrieben wird, also von derselben Stadtverwaltung wie die Krümelschnüffler, tja. Im Schwimmbad, da sieht es unter dem Becken, im Keller und sonst wo aus wie bei Schweins unterm Sofa. Also wenig rosig. Da tropft es, da rostet es, da bröckelt der Beton, da platzt die Armierung, da schimmelt es und da tummeln sich Legionellen. Aber das interessiert keine Sau. Ist ja auch kein ausländischer Bäcker, der das Schwimmbad betreibt. Sondern die saubere Stadt.

Tuesday, March 13, 2007

Doggy Dog und Pitbull

Die Polizei hat heuer einen Großkampftag hinter sich. Zwei Einsätze auf einmal in den Brennpunkten des Landes, da waren die Ressourcen nahe am Kollaps. Fast wäre die Fika-Pause noch dabei draufgegangen. Beide Male ging es im weitesten Sinne um Hunde. Aber der Reihe nach. Alles begann gestern nacht mit großem Drogenalarm in Stockholm. Da wurde doch tatsächlich der gute alte Snoop mitten in der Nacht in seiner Stretchlimo gestoppt und was findet man? Einen Joint! Skandal! Klar, die Drogen-Niggas Doggy och Piff Diddy, da hat sich die Rauschgiftfahndung monatelang schon drauf gefreut. Und dafür wurde ein Polizeiaufgebot zusammengezogen, als gelte es ein kolumbianisches Drogenkartell zu zerschlagen. Für einen kleinen Joint! Seine bescheidene Suite wurde auch gefilzt – frei nach Falco: Kobra-Männer zerlegen das Bett, sie tauchen nach Bomben im Klosett. Aber außer Spesen mal wieder nichts gewesen. Hoffentlich hat sich wenigstens einer den beschlagnahmten Kamin nachher reingepfiffen, wäre ja schade drum. Die schwedische Polizei hat sich nämlich kürzlich erst damit bekannt gemacht, dass man beschlagnahmte Waren gerne selbst konsumiert – so fand ein Barbesitzer, als er seinen irrtümlich sichergestellten Sprit wieder abholen wollte, was fand er vor: nichts! Alles weggesoffen, auf Polizeifeten und in der Fika-Ecke. Der arme Doggy! Hat er doch glatt die Fete nach dem Konzert verpasst, sämtliche Chicks Stockholms waren bereits halbnackt zu seiner Ehre angetreten – und dann: Drogenknast. Hätte er sich doch volllaufen lassen wie alle, ganz legal, der alte Grasdackel, einen Zentner Snus unter die dicken Lippen gestopft, Platz wäre ja genug dagewesen. Ein wenig herumproletet, ein paar Gäste angepöbelt und zum Abschluss gepflegt aufs Trottoir gekotzt. Da wär’ ihm nichts passiert. Aber einen Joint. So ein Idiot. Gut dass sie seine Wumme im Handschuhfach nicht entdeckt haben, da wäre die Kacke aber ordentlich am Dampfen gewesen. Ganz zu schweigen vom Pfefferspray.

Kaum hatten sich diese Wogen gelegt, heulten schon wieder die Sirenen. Diesmal in Malmö. Hatte sich doch ein Pitbull untrennbar in sein Herrchen verbissen und dieses beinah ins Jenseits befördert. Einige besonders mutige Passanten hatten die beiden getrennt, und als die Polizei endlich mit großem Tamtam eintraf, saß das Hündchen friedlich in der Blumenrabatte, während Herrchen mit dem Verbluten beschäftigt war. Für die Bullen gab es nicht mehr viel zu tun, und daher entschloss man sich, da man ja schon mal da war, die gefährliche Bestie mit fünfzehn Schüssen zu erledigen. Fünfzehn Schüsse! Hätten die Japaner fünfzehn Patronen mehr gehabt, hätten sie auf Iwo Jima die Invasion doch noch zurückgeschlagen. Nur Glück, dass es da keine Kollateralschäden bei den Umstehenden gab. Treffsicher wie sie sind die Jungs. Da gab es den Kollegen aber mal was zu erzählen beim Fika!

Aber alles noch mal gut gegangen, und so schlummert Schweden heute wieder friedlich ein…

Monday, March 12, 2007

Ein kulinarischer Tod

Letze Woche hat sich, das vergaß ich völlig zu erwähnen, es ging sozusagen im Kielwasser von Frauentag und Überwachungsgesetz unter, also es hat sich noch etwas ganz furchtbares ereignet. Furchtbar für Schweden als Kulturstaat, und umso furchtbarer, da es einen Bereich betrifft, wo die Kultur ganz besonders zu wünschen übrig lässt und wo mit sehr wenig Wasser gekocht wird – womit wir auch schon beim Thema wären: Werner Vögeli ist tot. Yep. Die einen werden jetzt völlig geschockt vor dem Computer sitzen und es nicht glauben wollen, und die anderen – vermutlich die Mehrheit der Leser – wird denken: Who the fuck is Werner Vögeli? Werner Vögeli, das war der einzige Sternekoch Schwedens. Und nun ist dieser Himmel schwarz, pechschwarz. Mit Werner starb auch der größte Teil der Esskultur; was in Jahrzehnten mühevoller Missionierung erreicht war – vorbei! Der Operakällaren, der einzige Ort, wo sich unsere deutsche Königin hinflüchten konnte, wenn sie menschenwürdig zu dinieren wünschte, er steht verwaist. Ab jetzt werden wieder Gerichte wie Blodpudding, Snabbmakkaroner mit Ketchup und Korv Stroganoff* den Speisezettel bestimmen. Wenn man Glück hat, donnerstags, noch Erbsensuppe. Oh weh! Dies war in der Tat ein trauriger Tag in der schwedischen neueren Geschichte. Wenn der König hingeschmissen hätte, oder der Staatsminister in ein Steuerparadies ausgewandert wäre, all das hätte man ja noch irgendwie verschmerzt. Aber ein Operakällaren ohne Werner Vögeli?

*für die Uneingeweihten sei noch erläutert, dass es sich bei Blodpudding um eine Mischung aus Schweineblut, Urin, und Sojamehl handelt (ohne Fleischanteil!), die in der Pfanne gebraten wird (es war von zwölf Jahren das erste Gericht, was ich nach meiner Ankunft im Studentenwohnheim zu Gesicht bekam, woraufhin ich die Vorbereitungen zu meiner sofortigen Abreise einleitete…), Snabbmakkaroner sind Maccaroni, die in fünfundvierzig Sekunden gar sind, sie werden gern mit Ketchup der Marke Felix als „Tomatensoße“ verzehrt, und Korv Stroganoff, tja… hier schreit schon der Name zum Himmel, poor Stroganoff! Ein Gebilde, was die Schweden „Wurst“ nennen, meistens an Fleischwurst erinnernd, aber bei näherem Hinsehen eine Masse mit weniger als fünfzig Prozent Fleisch (und dann vermutlich vor allem Augen, Klauen, Hufe, Rüssel, Schwänze und Rosetten beinhaltend) wird kleingeschreddert und dann mit einer Soße aus Ketchup (klar, was sonst) und Mayonnaise serviert. Hat mit Beef Stroganoff etwa soviel gemein wie ein Roleximitat von der Canalstreet mit dem Original. Smaklig måltid, liebe Leser!


Friday, March 9, 2007

Telefonsex: Nichts für Schweden



Die Demokratur

Ahh! Nein, ich rege mich nicht auf, ich nicht! Da glaubt man, endlich ändert sich was, endlich sind die Sozis weg, die den Steuerüberwachungsstaat eingeführt haben, und schon schickt sich die neue Regierung an, dem Namen „Rechts“ alle Ehre zu erweisen. Schweden soll nun endgültig in Europas ersten Polizei- und Überwachungsstaat verwandelt werden. Nicht genug, dass ich mir schon innerhalb zehn Sekunden per sms den Halter eines beliebigen Kraftfahrzeugs ermitteln lassen kann, oder im Internet die zu versteuernden Einkünfte meines Kollegen, dass das Finanzamt alle meine Bankkonten einsehen kann, nein. Nun soll also der militärische Abschirmdienst ohne richterlichen Beschluss sämtlichen Daten- und Telefonverkehr abhören können. Ja ist es denn die Möglichkeit! Das setzt ja wohl dem Kuchen die Fahne auf, wie der Finne zu sagen pflegt! Totale Überwachung nach Gutdünken also, dazu die Verquickung von Polizei- und Militär, Einsatz des Militärs im Inland, man macht den mittelamerikanischen Bananenrepubliken alle Ehre. Der gute Fidel wird ja vor Neid erblassen, und George Bush kann endlich auf einen Musterstaat verweisen. Sogar die Sicherheitspolizei, auf deutsch an sich schon ein furchteinflößender Name, auf Schwedisch als Säpo eher lächerlich anmutend, beklagt sich über den Eingriff in die Kompetenz in ihre ureigenen geheimen Staatspolizeiangelegenheiten. Mal sehen, wann es bei mir an der Tür klopft, weil der Blog als staatsfeindlich eingestuft wurde? Vielleicht sollte ich an dieser Stelle schon mal ein paar Suchbegriffe integrieren: Bin Laden, Djihad, Terror, Selbstmordattentat, heiliger Krieg, Heroin, Mafia, Prostitution, Bordell, Geldwäsche, Mona Sahlin. Dass die Polizei womöglich die inkompetenteste und korrupteste in Westeuropa ist, schwante mir schon, seit die Verbrechen von Michel in Lönneberga unaufgeklärt blieben. Der einzig erfolgreiche Kommissar lebt bekanntlich im Roman, und die reale Polizei fährt gerne im dicken Dodge-Ram V8 vor meinem Stammcafé vor um sich ausgiebig der kriminalistischen Untersuchung der Kuchentheke zu widmen. Sverige quo vadis? In grauer Vorzeit schauten wir einmal zu dieser Prototypdemokratie auf und heute? Eine Demokratur.

Warum Schweden nicht am 2. Weltkrieg teilnehmen durfte



Weltfrauentag

So, heute ist also Weltfrauentag. Aber dieses Mal bin ich gut vorbereitet, sage ich Euch, meine langwierigen Präparationen zahlen sich aus. Ich werde den ganzen Tag die Wohnung nicht verlassen, Knäckebrot, Fischkonserven und Leichtbier sind gebunkert, zum Fika auch ein Törtchen, ich habe also nicht das geringste zu befürchten! Eisern werde ich durchhalten, bis der Spuk vorüber ist. Selbst meinen Daimler habe ich in der Tiefgarage verbarrikadiert. Man traut sich heute als Mann einfach nicht auf die Straße, wegen der Männerprogrome. In Deutschland heißt der Weltfrauentag ja Altweiberfasching (oder war es Frühjahrsputz?) und ist daher auch eher das, was man sich als Mann unter einem Frauentag vorstellt, aber das kennt hier natürlich keiner. Verkleidungen sind dem Schweden fremd, oder besser, sie sind im großen Stil organisiert (so wie das meiste im öffentlichen Leben) vom allmächtigen Verkleidungswarenhaus H&M. Ich warte ja schon all die Jahre, dass einmal der S&M Look die Frühjahrsmode bestimmt, aber Fehlanzeige. Übers Knie ist der noch nie hinausgekommen, und so muss man sich mit den schwarzen Stiefeln begnügen, mit denen hier die Mädels marschieren. Meine Schätzung: Es wird hier etwas mehr gestiefelt als im Dritten Reich. Nur mit dem Goose-Stepping hapert es noch etwas; vielleicht sollte man mal einen Kursus an der Folkuniversitetet anbieten. Zen-Yoga, Feng-Shui und Goose-Stepping Aufbaukurs. Ich muss mal nachschlagen, was das auf Schwedisch heißt*. Hm. Aber zurück zum Frauentag. Frauentag ist hier ja das ganze Jahr über, zumindest im Schwimmbad. Einmal im Monat gibt es einen Frauenschwimmabend. Lasst Euch das auf der Zunge zergehen: Frauenschwimmabend! Und wie, bitteschön, Frau Gleichstellungsministerin, lässt sich dies mit der Verfassung vereinbaren? Ich fühle mich zumindest tief diskriminiert. Einen Männerschwimmtag gäbe es nicht, teilte mir die Kassiererin schadenfroh mit. Und auch keinen Schwulenschwimmtag, Negerschwimmtag oder Judenschwimmtag. Nicht mal einen Behindertenschwimmtag, das wäre doch das allermindeste gewesen! Aber den Frauenschwimmabend, den gibt’s. So sieht es aus mit der Gleichberechtigung in diesem Lande! Alles nur auf dem Papier! Aber das kennen wir ja.


*So, mein Langenscheidt sagt „paradmarsch“, aber das trifft eben nicht ganz den Punkt. Parademarsch kann ja jeder, Parademarsch is for pussies, but Goose-Stepping is the Königsdisziplin. Ist ja so, als ob man einen Spaziergang mit einem Marathon vergleichen würde. Hier tritt mal wieder die Mittelmäßigkeit des schwedischen Sprachschatzes zu tage.

Ja, ja, jetzt werden die Schweden wieder sagen, „lagom“ könnten wir ja auch nicht übersetzen, oder „mysig“. Aber mal ehrlich: was ist schon „lagom“ gegen einen zünftigen Stechschritt? Eben.

Wednesday, March 7, 2007

Ökofeminismus

Heute übertrifft sich die schwedische Debatte noch einmal selbst. Die Zeitungslektüre bot die schönste Realsatire seit langem, dass heißt, seit der gestrigen Lektüre. Dazu ein Budapesttörtchen und ein Tässchen Kaffee. Vergesst Titanic oder das gute alte Harakiri aus Frankreich. Das Stichwort ließ mich beinahe von meinem Kaffeehausstühlchen purzeln: Ököfeminismus! Anlässlich des morgigen Weltfrauentages, in Schweden einer der höchsten Feiertage, soll Feminismus mit Umweltpolitik verpanscht werden und das daraus entstehende Gebräu mutet mehr als abstoßend an: Ökofeminismus! Geht es bitte noch ein wenig absurder? Danke. Was stellen wir uns denn unter Ö.F. vor? Ich dachte natürlich gleich an dezimeterlange Achselbehaarung und Juteklamotten. Noch grotesker ist die Tatsache, dass dieser Vorschlag offensichtlich von einem männlichen Wesen vorgebracht wird, seines Zeichens Redakteur bei Sydsvenskan und vermutlich das größte Weichei in der Redaktion. Was haben die bloß mit dem gemacht? Vier Jahre Isohaft mit Gudrun Schyman und Alice Schwarzer? Aber lasst mich noch die These vortragen, wenigstens die zentrale: Frauenunterdrückung ginge Hand in Hand mit Ausbeutung der Naturressourcen. Bingo! Mann, dass mir dass noch nie so klar war! Das muss es sein! Jahrelang bin ich als Idiot durch die schwedische Weltgeschichte gelaufen, und dann heute, hier im Café diese Offenbarung! Was wohl mein Bäcker dazu sagen würde als bekennender Chauvinist? Das ist also der neueste Trend –und nein, nicht aus Tübingen, sondern –woher sonst- aus den USA! Der weiße Mann (also auch ich) sei mal wieder an allem schuld. Und wenn die Damen einmal ein paar Runden weniger mit dem Zweitwagen herumkutschierten, weniger oft Shoppen und ins Kosmetikstudio führen, weniger Putenfleisch äßen , dann wäre dem CO2-Ausstoß doch schon viel abgeholfen. Des weiteren wurde in dem Artikel noch bedauert, das sich einmal alle schwedischen Parteien feministisch genannt hätten und heut, ja heut: O Graus! Heute sei nicht einmal mehr der Gleichberechtigungsminister (ja, das gibt es hier! Und noch andere bizarre Ministerien, die auf den weltmännischen Status der schwedischen Staatsstruktur hinweisen, aber dazu kommen wir ein anderes Mal) ein Feminist. Ehrlich gesagt, ich wusste gar nicht, dass es ihn –oder höchstwahrscheinlich ist es eine sie- gab. Ja lüg’ ich denn! Heiland schmeiß Geld herabi! Nach der Lektüre ging ich erst einmal schnurstracks in die Tiefgarage und fuhr eine Runde mit meinem chauvinistischen Durst-Daimler durch die Stadt um für ein wenig gepflegten CO2-Ausstoß zu sorgen. Einer muss ja mit dem Gegentrend anfangen, und ausserdem hätte ich es gerne sowieso noch etwas wärmer.

Abschließend noch zwei Kurzmeldungen, die sicher zur weiteren Erheiterung der werten Leserschaft beitragen dürften. Erstens, endlich wurde eine Hilfsorganisation gegen Mobbing von männlichen Pferdenarren gegründet. Wieher! Kein Witz, fünfundzwanzig Mitglieder und KRIS heißt die Veranstaltung. Killarnas Rätt I Stallet (=Recht der Jungs im Stall). Dazu fällt mir ehrlich gesagt nichts mehr ein. Ist es denn die Möglichkeit? Leider ja… Zwotens: Endlich, endlich – wir haben es lange erwartet – gibt es Surströmmingeiscreme. Ja, Ihr wisst schon, der faule, zum Himmel stinkende Hering. Unfassbar! Dieses Land wimmelt von Perversen, ich glaub’ ich wander' bald nach Belgien aus! Surströmmingglass, dies verkündete also heute Ruben Madsen, der Vorsitzende der schwedischen Surströmmingakademie – mein Ehrenwort, genauso stand es in der Zeitung. Ich glaub, jetzt muss ich erst mal aufs Klo und mir den Finger in den Hals stecken…

Die Ausspracheregeln

Vor der Schwedischen Aussprache habe ich bereits am 8. Mai 1995 kapituliert. Da war ich gerade einmal ein Vierteljahr im Lande. Warum, för fan, muss man die Buchstaben vollkommen anders aussprechen, als man sie schreibt. Man ist ja nicht gerade verwöhnt vom Französischen oder Holländischen her, diese Leute meinen auch, sie müssten sich auf diesem Gebiet eine Menge Extravaganzen leisten. Schön ist, dass wir im Deutschen auf diesen Firlefanz verzichten. Ein u ist ein u und ein o ein o. Der Schwede macht sich aber gern beispielsweise ein y für ein ü vor, und wenn man es dann so ausspricht, behauptet er frech, es sei falsch, und wir hätten also nicht y sondern u gesagt. Das Problem ist nur, dass sich für mich auch das u wie das y also wie das ü anhört. Ganz zu schweigen von einer ganzen Batterie von Schreibweisen für das deutsche sch. Hier werden wir mit sj, stj, sk und ähnlich für das Auge gänzlich unästetischen Wikingerlauten gequält. Überhaupt liest sich deshalb das Schwedische zu Anfang etwas holprig, und auch wegen der vielen ös und äs, ähnlich wie bei Edmund Stoiber. Ist man nach einigen Jahren harter Schule endlich auf Kreuzworträtsellöserniveau angelangt, stellt man fest, dass der häufigste Buchstabe hier das a ist, und nicht wie bei uns das e. An all das könnten wir uns ja noch gewöhnen, wäre da nicht auch noch die Sache mit dem å, das wie o ausgesprochen wird bzw. dem o was oft wie u klingt, aber doch - so der kritische Schwede - eben nicht ganz. Ein weiteres Erschwernis ist, dass zum Teil ganze Sätze durch Brummlaute oder das Einsaugen und Ausstoßen von Luft durch den Mund oder die Nase gebildet werden - Tendenz zunehmend nach Lappland hin. Mmmmm heisst so viel wie "ja, kann ich mir denken/vorstellen", aaaa (guttural, der Sachse wird es hier etwas leichter haben!) = "ja, du hast Recht"; jssschhhp (durch halboffene Lippen Luft einsaugen!) = Ja. Dazu kommen dann noch regionale Besonderheiten, rs in Stockholm wird bekanntlich wie rsch ausgeprochen, selbst wenn das r und das s sich in zwei unterschiedlichen Worten befinden, also etwa "för sex år sen", und in Skåne ist der Diphtong der ungekrönte König, sehr zu Erheiterung der Restschweden.
Aber wir können es ihnen heimzahlen! Lasst doch mal einen Schweden folgende Wörter aufsagen: Tässchen, Täschchen, Kirche, Kirsche, Wurzelbürste, Brutstwarze, oder Wühlmaus. Da ist dann der Spaß auf unserer Seite. Heja Jörmeny!

Der Störfall in Forsmark

Für alle des Schwedischen mächtigen Leser möchte ich an dieser Stelle noch einmal den Störfall vom letzten Sommer ins Gedächtnis rufen, zusammen mit der Chronologie, so wie es wirklich war. Von der indegistiven Sensationsjournaille wurde ja alles furchtbar aufgeblasen. Dabei ging es doch ganz schwedisch-beschaulich zu...

N ä s t a n e n k a t a s t r o f.

Forsmark, tisdag 25:e juli 2006.

Lasse och Hasse i kontrollcentralen.

(Lamporna flimmrar en kort stund, sen lyser de normalt igen)

- Ojdå! Spänningen verkar vara ostabil idag.

- Jo. (Lång paus)

- Det borde kanske någon kolla.

- Jo. (Ännu längre paus)

- Kanske borde man skriva en ansökan om kontroll till driftavdelingen?

- Schuup. (Drar in luft mellan tänderna. Paus)

- Men det tar säkert tills efter jul innan de tittar på den. De är ju hårt pressade de där killarna.

- Jo, de sysslar med reservdelar till sina privatbilar just nu. Jag har fortfarande inte fått

tryckkopplingen till min kaffekokare än. Jag beställde den i våras. De är jättehårt pressade.

Men man får ju inte anställa fler.

(Lamporna flimmrar igen, sen släcks dem.)

- A va fan! Har vi nån ficklampa härinne, jag kan ju inte lösa korsordet i mörkret!!

(Rotar i sitt skrivbord)

- Här är en adventsljusstake. Den får duga!

(Lång paus. De sitter i stearinljusets sken.)

- Tycker du inte att det börjar bli lite varmt här inne?

- Jaså? (Tittar på mätinstrumentet på väggen). Mätaren har slutat fungera. Men värmen känns

faktiskt rätt så behaglig!

(Det börjär bli dimmigt av vattenånga som kommer från ingenstans.)

- Vi borde ringa till GP nere i verkstan? I den här dimman kan man ju inte lösa korsord!

- Ja, vi ringer efter fikan. (Stoppar in en stor prilla snus och lutar sig tillbaka.)

- Ahhh. Alltid en sån jäkla stress på jobbet. Ska nog sjukskriva mig hela nästa månad. Facket får ta tag

i problemet med en sån här stress på jobbet!

- Schuup. Det blir allt värre med stressen.

(Några röda lampor börjar lysa. Det hörs ett larm långt borta ifrån någonstans.)

- Va fan är det nu. Som om det inte räckte med stressen redan!

- Det låter lite grann som när vi för fem år sedan övade evakueringen vid en härdsmälta. Men

jag kommer inte ihåg riktigt vad som skulle göras.

- Var är manualen?

(Rotar i en pappershög på skrivbordet.)

- Den låg ju här någonstans mellan mina fiske- och jakttidningar.

- Du, jag börjar faktiskt svettas! Det är jäkligt varmt!

- Här har vi den! (Läser i manualen. Tar god tid på sig.)

- Här! Vi ska kolla nöddieslarna, står det här. Annars finns det risk för härdsmälta.

(Kollar på ett instrumentpanelen.)

- Fan också, de funkar ju inte!

- Nej just det ja! Killarna har ju plockat bort några delar från dom till sina bilar för att dieslarna aldrig

används påstår dom.

- Ojdå! Då ska vi nog ringa efter GP. Nu på direkten så han fixar till dom! (Går till telefonen.)

- Hej GP! Läget?... (Lyssar en lång stund.) ...jaså, du är fortfarande bakfull efter fiskehelgen?

... Jaha, ja.... Men du, jag ringer för att vi har faktiskt ett litet problem här. Ja, jo... Det

verkar som om det närmar sig en härdsmälta, och vi undrar om inte du kanske skulle kunna

fixa med det... Jaså... efter fikan?... men det är lite bråttom som sagt... (Lyssnar en lång

stund)... nej, snälla, sjukskriv dig inte innan du har fixat det till oss. Vi skulle vara

jättetacksamma! Annars blir det ju en SKI-undersökning och säkert internationell

uppmärksamhet också, och då får vi alla jobba övertid igen... ja, det är skitsnällt!...Ja, ja

vadå? ...Ja.....ja.....ja, jag lovar, GP! Också bjuder vi på kaffegök nästa gång du kommer

upp. Tack,tack. Tack ska du ha... Hej på dig!(Lägger på luren. Lättad.)

- Han ska fixa det direkt sa han. Men bara om jag anlitar honom svart som rörmockare hemma

hos mig nu när vi ska lägga golvvärme till hösten. Det är alltid bra med kontakter på jobbet.

- Jättebra! Bara han gör det fort. Mina ögon börjar ju bli trötta av att lösa korsord i det här mörkret.

(Efter några minuter släcks larmet, och ljuset tänds igen.)

- (Tittar på klockan.) Det blev ju nästan en katastrof det här! Vi missade nästan fikapausen! Tänk om

han inte hade fixat det direkt!

- Jaa du. Tack gode Gud för att vi slapp en katastrof denna gången med! (sätter på

kaffekokaren och plockar fram kanellängden)

Der Arbeitsmarkt

Ach ja, und bevor ich's vergesse, zum Einstand möchte ich Euch folgende Rechnung, die aus einem Reiseführer stammt, und die Schweden doch sehr umfassend beschreibt, nicht vorenthalten:

Am Schwarzen Brett eines großen schwedischen Unternehmens stand folgendes:

"Wer soll die Arbeit machen?

Gesamtbevölkerung 9 000 000
- über 65: 1 900 000
---------
bleiben 7 100 000
- unter 21: 2 900 000
---------
bleiben 4 200 000
- in Urlaub 350 000
---------
bleiben 3 850 000
- Staatsdiener 1 345 000
---------
bleiben 2 505 000
- Wehrdienstleistende 55 000
---------
bleiben 2 450 000
- Kommunalverwaltung 750 000
---------
bleiben 1 700 000
- krank gemeldet 700 000
---------
bleiben 1 000 000
- Arbeitsscheue 994 800
---------
bleiben 5 200
- Knackis 5 198
---------
bleiben 2

Nur wir beide - und ich bin müde."

Tuesday, March 6, 2007

Der Tillgänglighetsingenjör

Beim nachmittäglichen Fika im Stammcafé unten auf dem Platz erfuhr ich heute übrigens - im Rahmen einer Diskussion um die Rollstuhlzugänglichkeit der Toiletten in eben diesem Café, die nicht besteht, was nun Probleme mit der Stadtverwaltung macht, denn offenbar darf und soll es in Schweden keinen öffentlich zugänglichen Ort geben, der nicht rollstuhlgängig ist (hm, ob wohl der Kebnekaise auch schon planiert ist?)-, also ich erfuhr jedenfalls, dass hier in der Stadtverwaltung extra ein sogenannter Tillgänglighetsingenjör, auf Deutsch sozusagen ein Rollstuhlgängigkeitsingenieur, existiert, dessen Aufgabe in nichts anderem als darin bestünde, alle Planungen auf eben diese Gängigkeit hin zu überprüfen und seinen Arbeitskollegen das Leben schwer zu machen. Der Berichtende musste es wissen, schliesslich arbeit er beim Bauamt. Selbst wenn also im Stadtpark ein Vogelhäuschen aufgestellt werden soll, muss dieses Bauvorhaben vom Tillgänglighetsingenjör abezeichnet werden. Alle nicht der schwedischen Sprache mächtigen haben übrigens richtig gelesen: Ingenjör ist tatsächlich die Schreibweise. Weitere Highlights dieser Orthographievergewaltigung sind: fåtölj (nein, da kommt Ihr nie drauf!) für franz. fauteuille oder enkät (noch besser!) für enquête. Ja, sie spinnen, die Schweden! Da muss wohl mal irgenwann ein Elch durchs Oberstübchen gewatschelt sein...

Alles Banane

Noch einen schönen guten Abend allerseits! Der Exildeutsche muss sich einmal wieder aus dem Kungariket melden - ich sage Euch aber: in Wirklichkeit handelt es sich um eine possierliche Bananenrepublik, was wir auch leicht daran erkennen können, dass die lieben Schweden es mal wieder zum Bananenimportweltmeister (pro capita) gebracht haben. Glückwunsch! Die neugewählte Regierung will ja nun sogar eine Verfassungsänderung in den Reichstag einbringen, um die drei schönen gelben Kronen durch Bananen zu ersetzen. Da sag ich nur Prost Mahlzeit. Mein Plan ist jedenfalls, in diesem Blog ab und an die schönsten Anekdoten aus diesem im übrigen geografisch schon fast bananenförmig gebogenen Steuerparadies an den Mann und das Weib zu bringen. Dass es sich um den einzigen in Europa noch real existierenden Sozialismus handelt, brauche ich den Schwedenkennern ja nicht zu erzählen, und auch nicht die Tatsache, dass derjenige, der meint, irgendwo anders auf der Welt in einem Überwachungsstaat zu leben, gerne eingeladen ist, sich einmal in die wohl organisierte und vernetzte Informationsstruktur des Rikets einzuarbeiten. Ob Kontoabhebung, Einkommen oder Autokennzeichen- dem Staat und auch dem Nachbarn entgeht nichts, so er denn will. Meist will er aber gar nicht, zumindest der Nachbar nicht, und daher ist es auch keinem Schweden bewusst, wie er durchleuchtet wird. Aber dazu ein andermal. Einen Agentenroman zu schreiben, dazu ist es heute zu spät.