Tuesday, March 20, 2007

Das Sponsorenfest

Am vergangenen Wochenende lernte ich eine neue Lektion – diesmal: Sport. Genauer gesagt, Amateursport mit Lokalkolorit. Hier werden keine Millionen verdient, nicht einmal in Kronen, das wissen wir alle. Hier gibt es Finanzierungsprobleme und einige wenige Sponsoren. Deshalb läuft man dann als Sportler mit peinlichen Hemdaufdrucken wie „Rör-Hasse Vinslöv AB“ herum. Einmal im Jahr findet dann ein so genanntes „stödfest“ statt, auf Deutsch würde ich das am treffendsten mit „Unterstützungsorgie“ übersetzen. Zu einer solchen war ich also letztes Wochenende eingeladen. In diese Geheimgesellschaft erhält man als Ausländer nur selten Einblick, und so war ich auch der einzige Fremde, der argwöhnisch beäugt wurde. Mit meinem schönen Akzent machte ich gleich eingangs klar, dass ich nicht zur Zollfahndung gehöre und also alle ungestört ihren Schmuggelsprit verzehren könnten. Es begann dann alles ganz harmlos mit einem ausgiebigen Abendessen. Mit gemischter Plazierung, einer schwedischen Unsitte, die mir schon so manches Dinner verleidet, man könnte gar sagen, versaut hat. Paare und Freunde werden dabei erbarmungslos auseinandergerissen und zwischen wildfremde Menschen gesetzt. Im Glückspiel war ich leider noch nie ein Gewinnertyp und so zog ich auch dieses mal wieder die Arschkarte. Ich landete zwar nicht, wie ein Bekannter von mir immer, neben der Fettesten, aber dafür zwischen der Zweitfettesten und Drittfettesten. Meine rechte Nachbarin, die Zweitfetteste, verzichtete gleich von Anfang an konsequent auf kulturelle Accessoires wie etwa Trinkgläser und trank das Bier aus den Dosen, von denen sie gleich drei vor ihrem Teller aufgereiht hatte. Gegenüber war die Dame etwas stilvoller, nicht einmal fett, und sie nutzte immerhin Messer und Gabel. Das Sponsoring durch die Gäste bestand im Übrigen darin, privat importierten Alkohol käuflich zu erwerben – in Schweden eine schwere Straftat! So wird also die Mannschaft der Dreizehnjährigen finanziert, dachte ich. Dazu keine Trink-, sondern Sauflieder aus der untersten Musikalienschublade. Ihr seht, es war ein wirklich gelungener Abend mit Vorbildfunktion. Nun gut, nachdem ich mir einige Slottspilsner und Vodka Jelzin aus dem Dreiliterpappkanister hineingetan hatte - die einzige Möglichkeit, mir den Abend erträglich zu gestalten -, schritt man schließlich zum Tanze. Flugs die Tische und Stühle weggerückt, die Neonröhren ausgeschaltet, und dann legten auch schon Micke & Billy, die heimischen Dansbandsheroen, los. Etwa die Sorte, die immer in Möbelhäusern und auf Betriebsfesten zu spielen pflegt, außer dass Micke einen noch etwas abgehalfterteren Eindruck machte als Rex Gildo nach dem Selbstmord. Schon beim zweiten oder dritten Stück, so genau erinnere ich mich nicht mehr, wurde ich von der vermeintlich biederen Gegenübersitzerin zum Stehblues aufgefordert (im Schwedischen übrigens „tryckare“, Drücker, genannt). Aber bitte denkt jetzt nicht an so ein schwedentypisches Topschnittchen, sondern an Eure osteuropäische Putzfrau. Mein Bein wurde zwischen Schenkel gepresst, Brüste rubbelten über meinen Oberkörper und schlüpfrige Komplimente in mein Ohr. Gnädiger Himmel! Nachdem sie mir noch ausgiebig in den Hintern gekniffen hatte, war das Stück endlich zu Ende und ich ergriff die Flucht, kam aber nur bis in Foyer, wo sich bereits die nächste ausgehungerte Hyäne auf mich stürzte. Nur weil alle schwedischen Männer lieber Angeln gehen, müssen da immer wir herhalten? Womit hat man das verdient! Nachdem ich mich an der Bar remunitioniert hatte, trat ich zusammen mit dem Rest der illustren Gesellschaft zum Sturm auf die Tombola an, für die der ortsansässige Einzelhandel offensichtlich sämtliche Ladenhüter spendiert hatte. Mit meinen geschätzten zwo Promille fand ich die gewonnenen Kopfhörer gar nicht so schlecht, und wenn schon der Sound nicht so doll rüberkommt, so habe ich doch vielleicht Verwendung dafür im nächsten Winter - als Ohrenwärmer.

1 comment:

Pamphletterman said...

Vereinsmeier, letzte Einstellung: Nein, dies wird keine Artikulation darüber wie frustrierend sekundentodsterbend nachhaltige Ansätze zur Professionalisierung von breitensportlich organisierten Handballvereinen in der schwäbischen Gäuregion an der provinzbräsigen Beharrungstümelei inzestiöser Sportkanaillen abkacheln (denn hiermit würde ich diesen Blog sprengen). Vielmehr geht es um das Phänomen des panparallelen Satzungsparadoxons: Für die Jugend, aha: Papis, herzlich willkommen zum Stiefelsaufen, damit –dank Pfandprämie die nächste Rudelbumsausfahrt mit dem philisterlasterhaften Jugendbetreuer-Eumel auch garantiert in Reihenschwangerschaften zur eigenen Elitenbildung endet. Muttis, geht doch in Zugluft für die neuen Trikots Eurer Kids nebenerwerblich auf den Punkt-Komma-Strich –ist doch lechzendlich für den nutten Zweck. Wie wärs mit Wettpobeln für die Guinnes-Buch-Skultur. Reinerlös zum Befeiern des Zwangsabstiegs aus der Quarks-Liga.
Inflation von Freizeit führte im Gewächshaus der Individualisierung schon immer zu gewagter Mutation. Sponsorship-resurrected: die Rückkehr der Clown-Krieger –Manege frei für alle Arschlochkinder des Planeten. Ich bestelle hiermit eine Dauerkarte und wünsche einen überdachten Sichtplatz.