Monday, March 12, 2007

Ein kulinarischer Tod

Letze Woche hat sich, das vergaß ich völlig zu erwähnen, es ging sozusagen im Kielwasser von Frauentag und Überwachungsgesetz unter, also es hat sich noch etwas ganz furchtbares ereignet. Furchtbar für Schweden als Kulturstaat, und umso furchtbarer, da es einen Bereich betrifft, wo die Kultur ganz besonders zu wünschen übrig lässt und wo mit sehr wenig Wasser gekocht wird – womit wir auch schon beim Thema wären: Werner Vögeli ist tot. Yep. Die einen werden jetzt völlig geschockt vor dem Computer sitzen und es nicht glauben wollen, und die anderen – vermutlich die Mehrheit der Leser – wird denken: Who the fuck is Werner Vögeli? Werner Vögeli, das war der einzige Sternekoch Schwedens. Und nun ist dieser Himmel schwarz, pechschwarz. Mit Werner starb auch der größte Teil der Esskultur; was in Jahrzehnten mühevoller Missionierung erreicht war – vorbei! Der Operakällaren, der einzige Ort, wo sich unsere deutsche Königin hinflüchten konnte, wenn sie menschenwürdig zu dinieren wünschte, er steht verwaist. Ab jetzt werden wieder Gerichte wie Blodpudding, Snabbmakkaroner mit Ketchup und Korv Stroganoff* den Speisezettel bestimmen. Wenn man Glück hat, donnerstags, noch Erbsensuppe. Oh weh! Dies war in der Tat ein trauriger Tag in der schwedischen neueren Geschichte. Wenn der König hingeschmissen hätte, oder der Staatsminister in ein Steuerparadies ausgewandert wäre, all das hätte man ja noch irgendwie verschmerzt. Aber ein Operakällaren ohne Werner Vögeli?

*für die Uneingeweihten sei noch erläutert, dass es sich bei Blodpudding um eine Mischung aus Schweineblut, Urin, und Sojamehl handelt (ohne Fleischanteil!), die in der Pfanne gebraten wird (es war von zwölf Jahren das erste Gericht, was ich nach meiner Ankunft im Studentenwohnheim zu Gesicht bekam, woraufhin ich die Vorbereitungen zu meiner sofortigen Abreise einleitete…), Snabbmakkaroner sind Maccaroni, die in fünfundvierzig Sekunden gar sind, sie werden gern mit Ketchup der Marke Felix als „Tomatensoße“ verzehrt, und Korv Stroganoff, tja… hier schreit schon der Name zum Himmel, poor Stroganoff! Ein Gebilde, was die Schweden „Wurst“ nennen, meistens an Fleischwurst erinnernd, aber bei näherem Hinsehen eine Masse mit weniger als fünfzig Prozent Fleisch (und dann vermutlich vor allem Augen, Klauen, Hufe, Rüssel, Schwänze und Rosetten beinhaltend) wird kleingeschreddert und dann mit einer Soße aus Ketchup (klar, was sonst) und Mayonnaise serviert. Hat mit Beef Stroganoff etwa soviel gemein wie ein Roleximitat von der Canalstreet mit dem Original. Smaklig måltid, liebe Leser!


2 comments:

Pamphletterman said...

Es stimmt: man ist, was man isst ("frau ist, wie sie isst" als kleines Chauvidötchen zu „Weltfrauentag“) und fast immer ist das Nahrungsmittel das geschmacklich Miss- und Wiedergeborene seiner selbst. Was darf man denn erwarten von etwas, das die Bezeichnung „Nahrungsmittel“ … zum Zweck, oder was?“ trägt? Der Zweck ist -wie bei so Einigem satt zu werden und müde und träge automatisch auch. Deswegen isst der Deutsche gerne „*viel & fett“, weil er bequem ist, weil er gerne in seinen Handlungen dem Schweine gleich tut: dickhäutig, widerborstig, schmatzend und mit schwachem Herz. (*wäre neben „gut & billig“ doch mal ein Top-Markenname -für das adipöse Klientel: von 0 auf Herzinfarkt in garantiert 10 Mahlzeiten- mit „Daggi“ dem Mitternachtsimbiss für die Menschen ab 100 Kilo.)
Aber bitte: Etwas Kolltorrr muss sein. Was dann aber gar nicht geht -und das auch wieder typisch deutsch: Vor lauter Kulturbeflissenheit und kulinarischer Abgrenzung sich angstfrei töpfernd in die Toskana zu verziehen und nach erfolgreichem Absolvieren dieser Echtzeittherapie für den Rest des Jahres die Lieben nerven mit Kokolores-Rezepturen und Kochneurosen. (gegen Nacktkochen mit anschließendem Schürzenjagen hätte ich übrigens nichts.)
Wenn schon, denn schon: Nahrungsmittel sind Lebensmittel…halt, da war es wieder: man ist, was man isst, egal ob die Atzung bei MCDreck passiert oder von Herrn Oberwitzigmann persönlich kredenzt wird.
Mein Schlussplayboyer: Vielfalt statt Einfalt und alle zurück an den Herd, wie es sich gehört und Schluss mit „instant“ -in erster Instanz. Nicht „Friss-die-Hälfte“ sondern „Ess’-das-Ganze“. Gutturalen Appetit, noch!

Anonymous said...

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